500 Jahre Gesangbuch
1. Juni 2024
Ein runder Geburtstag ist ein schöner Grund, um zu feiern – besonders, wenn der Jubilar 70, 80 oder 90 Jahre alt wird. Der Tisch wird fein gedeckt, leckeres Essen und gute Getränke werden gereicht. Verwandte und Freunde lassen sich die Feier nicht entgehen. Würde jemand unwahrscheinlicher Weise 500 Jahre alt werden – was für ein Fest wäre dies wohl.
Aber manchmal geht auch so ein runder Geburtstag vorbei und (fast) keiner hat es bemerkt.
Ein runder Geburtstag ist ein schöner Grund, um zu feiern – besonders, wenn der Jubilar 70, 80 oder 90 Jahre alt wird. Der Tisch wird fein gedeckt, leckeres Essen und gute Getränke werden gereicht. Verwandte und Freunde lassen sich die Feier nicht entgehen. Würde jemand unwahrscheinlicher Weise 500 Jahre alt werden – was für ein Fest wäre dies wohl.
Aber manchmal geht auch so ein runder Geburtstag vorbei und (fast) keiner hat es bemerkt. Vielleicht, weil man dem Geburtstagskind mindestens sonntags immer wieder begegnen kann und ihm dabei sein tatsächliches Alter nicht ansieht. Bisweilen wirkt es etwas zerschlissen und wie aus dem Leim gegangen, aber ansonsten noch ziemlich ordentlich. Was dann ein Lob sein soll („Du hast Dich ja gar nicht verändert“), wird so zum Nachteil. Vor allem, wenn das Geburtstagskind sich im Laufe der Zeit durchaus gewandelt hat.
Dem Evangelischen Gesangbuch geht es gerade so. Es kann dieses Jahr auf 500 Jahre im Dienst der Menschen als Gesang- und Gebetbuch zurückblicken – nur merkt es kaum jemand. Allerdings: Auch an mir wäre dieses Jubiläum vorbeigegangen, wenn ich nicht zufällig eine Notiz in einer Zeitung darüber gelesen hätte. In manchen Gemeinden gibt es aus Anlass des runden Geburtstages Veranstaltungen, außerdem den einen oder anderen Zeitungsartikel. Ansonsten verläuft der Geburtstag ruhig.
500 Jahre: Nach einer Anregung Martin Luthers wurde 1524 eine erste, noch kleine, Liedersammlung für den Gottesdienst veröffentlicht, damit die Gemeinde auch kräftig mitsingen konnte. So entstand eine Sammlung von Liedern für den Gottesdienst- und Hausgebrauch.
In den folgenden Jahrhunderten änderte sich der Inhalt immer wieder. Er wurde umfangreicher. Lieder wurden herausgenommen und neue kamen hinzu. Jede Zeit hat ihre eigene Art, Sorgen, Ängste, aber auch Freude auszudrücken. Aber nicht alle Lieder aus den ersten Ausgaben verschwanden. So befindet sich Martin Luthers „Nun freut euch, liebe Christeng’mein“ von Anfang an bis heute immer noch im Gesangbuch, nun unter Nummer 341.
Das Gesangbuch ist auch mehr als eine Liedersammlung. Es enthält u. a. Psalmgebete, Stundengebete, Hinweise zum Kirchenjahr, eine Liederkunde und zur Taufe in Notfällen. Es kann so ein treuer Begleiter für viele Gelegenheiten im Alltag sein. Das Gesangbuch meiner Großeltern enthielt sogar die biblischen Texte für jeden Sonntag.
Schon als Kind habe ich manche Gesangbuchlieder gerne mitgesungen. Sie haben mich in meinem Leben begleitet, etwa „Großer Gott, wir loben dich“ (EG 331) oder „Geh aus, mein Herz und suche Freud“ (EG 503). Viele weitere Lieder wären zu nennen, etwa von Paul Gerhardt, Fürchtegott Christian Gellert, Dietrich Bonhoeffer. Sie sind wie treue Wegbegleiter und alte Bekannte, die man auf der Straße trifft und sich kurz mit ihnen unterhält.
Inzwischen wird das Gesangbuch wieder überarbeitet. Neue Lieder sollen aufgenommen werden, und alte müssen vielleicht weichen. Ich hoffe, dass dies auch im Sinne früherer Nutzer gelingen wird, und ihm auch in Zukunft niemand sein Alter ansieht. Happy Birthday, liebes Gesangbuch, und auf die nächsten 500 Jahre.
Stefan Hirschberg
alle Fotos: E. Schaarschmidt