
Wackelkontakt
1. August 2025
Manche Kunst zeigt das Sichtbare in der Art, dass man das Unsichtbare leicht übersehen will.
Öffentliche Kunst hat es in unserer Gegend schwer. Wie schön, dass das Projekt PURPLE PATH der Kulturhauptstadt nun genau das Gegenteil beweisen konnte. Nach typisch anfänglicher Distanz, können alle beteiligten Gemeinden von „überraschend“ positiven bis überschwänglichen, aber ganz unterschiedlichen Erfahrungen berichten. Wer die Gelegenheit ergriff, wurde zur offiziellen Eröffnung des „PP“ mit einem Reisebus zu den verschiedensten Beteiligten gefahren, und konnte dann vor Ort mit den Künstlerinnen, Künstlern und Bürgermeistern darüber sprechen. Erklärte Kunst macht das Leben mit ihr eben einfacher.

Auch unsere Schlosskirche zählt mit einem Werk des Künstlers Via Lewandowsky dazu. Das Leuchtwerk GO(O)D ist so auffällig, dass man es jedem Fragenden erklären muss. Dabei ist die Botschaft erschreckend simpel: Guter Gott. Aber eben mit einem listigen Augenzwinkern, welches typisch für den weltbekannten Künstler ist.
Dies konnte beim Kosmos-Festival in unserer Kirche direkt von ihm erfahren und gesehen werden – übrigens. Er sprach über wechselndes, flimmerndes Licht, welches manchmal eine Art Wackelkontakt aufweisen kann. So erlischt ein (O) regelmäßig, und ergibt ein für sich einzelnes Wort. Das aber wieder zusammengesetzt werden muss, und dann einen zusammenhängenden Sinn ergibt. Eine Anspielung auf unsere „Welt“, auf unseren Glauben. Mit diesen Unregelmäßigkeiten hat jeder selbst schon Erfahrungen gemacht. Das Verhältnis zu Gott kann wechseln – wie das Licht im Tagesverlauf: mal strahlend, mal kaum zu erkennen. Heute Funkstille, morgen schon wieder Empfang.
Unser Glauben macht Gott oft zu einer Projektion, in der Jesus zu dem wird, was wir gerade möchten. Er soll unsere Umgebung ändern, Dieses und Jenes verbessern, uns beschützen, helfen usw. Aber wir wollen nach Möglichkeit nicht, dass er uns verändert. Doch der Glaube selbst verlangt bekanntlich Wandel. Wie schwer fallen uns manchmal Dinge zu tun, die wir tun müssten, eben wegen unseres Glaubens. Oft wollen wir keine Jünger Jesu sein, sondern doch nur in seinem Rettungsboot mitfahren. Kunst wie das Leuchtwerk GO(O)D macht sichtbar, wie sehr Glaube im Wandel und manchmal im „Wackelkontakt“ steht. Sie lädt dazu ein, sich dabei selbst immer wieder neu zu hinterfragen. Denn nicht Gott muss sich ändern – sondern wir sind es, die zur Erneuerung/Veränderung gerufen sind. Dazu schenkt Gott uns das Licht, alte, oder Irrwege, zu erkennen, und neue Wege zu gehen.
Kunst führt den Menschen dabei regelmäßig vor und spielt mit Veränderungen des Blickwinkels und Lichtes. Davor brauchen wir uns aber nicht zu fürchten. Sie ist eine Einladung zum Dialog. Sie fordert heraus, ohne zu verletzen, und öffnet Räume für neue Perspektiven. Gerade im Zusammenspiel mit dem Glauben kann sie tiefer berühren, als es Worte allein vermögen. „Und stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, auf dass ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene.“ (Römer 12/2)
Matthias Nitz, Kirchvorsteher
