Weihnachtssingen im Krankenhaus
24. Januar 2025
Die Vernunft kann nur reden. Es ist die Liebe, die singt.
Joseph de Maistre
Am 11. Dezember 2024 trafen sich 18 Sängerinnen und Sänger unserer Kantorei unter der gewohnt ruhigen und liebevollen Leitung von Siegfried Petri im Klinikum, und uns wurden zwei Stationen zugewiesen, auf denen wir singen durften. Gerne hätte man uns mehr Stationen zugänglich gemacht, jedoch ließ dies die aktuelle Grippe- und Coronawelle nicht zu, um die Patienten nicht zu gefährden. Nun steht man also als Chor auf dem Gang, das Pflegepersonal öffnet die Türen der Patientenzimmer und wir singen querbeet Weihnachtslieder, altbekannte weltliche, aber auch weniger bekannte kirchliche.
Was ist daran so besonders?
Fünf Dinge: Wir sehen die Zuhörer nicht, der Aufführungsort ist ein Krankenhaus, wir verlangen keinen Eintritt, das Wissen, dass die meisten Patienten Weihnachten hier verbringen müssen, und die Unsicherheit, ob die Patienten uns überhaupt hören möchten. Was es zu einer besonderen Veranstaltung macht, ist die dort entstehende besondere Situation: Das Schreien oder Rufen von Patienten, die eigentlich nicht ansprechbar sind, weil sie bewegt waren, spontane Vorträge von Gedichten durch Patienten, historische Erzählungen von Patienten, Tränen von Krankenschwestern, Patienten, die die Mundharmonika holen, um uns als Dankeschön ein Ständchen vorzuspielen, das leise Klatschen aus den Patientenzimmern und Patienten, die lautstark mitsingen. All das durfte ich seit 2013 erleben. Jedes Jahr ist dieser Termin in meinem Kalender fest eingeplant.
Ist das nicht wunderschön?
Ist es nicht großartig, dass der liebe Gott einige von uns mit einem solchen Werkzeug ausgestattet hat, das ohne Zubehör und teure Technik Menschen bewegt, denen es nicht gut geht? Ist es nicht großartig, dass man das Krankenhaus verlässt und weiß, dass man etwas Gutes getan hat?
Liebe Leserinnen und Leser,als Kantorei hat man immer einen hohen Anspruch an sich selbst. Man möchte ein Requiem, ein Oratorium oder eine Passion einstudieren und bestmöglich zu Gehör bringen, und damit sind im ersten Moment die Höhepunkte der Veranstaltungstermine eines Jahres gesetzt. Das ist gut, wichtig und der Anreiz für viele Sängerinnen und Sänger. Mein Wert liegt aber in den Gottesdiensten und dem Krankenhaussingen, denn dort grenzen wir uns von den Konzertchören ab, indem wir ohne den Gedanken einer Gegenleistung Herzen bewegen, der Seele Gutes tun und dabei Gottes Wort verkünden. Für das Jahr 2025 wünsche ich Ihnen Gesundheit, den Mut einfach mal zu singen, auch wenn es nicht perfekt klingt, und dass der liebe Gott Sie auf Ihren Wegen behütet.
Jan Brandenburger, Kantoreimitglied
Foto: Siegfried Petri