„… wir haben seinen Stern gesehen“
1. Dezember 2024
Wie haben sie ihn entdeckt?
War es Zufall, der Kaspar zum Himmel aufblicken ließ? War es Forscherdrang, der Balthasar nach langem Experimentieren darauf stoßen ließ? War es innere Unruhe, Sehnsucht, die Melchior ihn endlich finden ließ?
„… wir haben seinen Stern gesehen“ Und offenbar hat der etwas an sich, das sie lockt: Etwas wundersam Verheißungsvolles. Etwas, für das es lohnt, sich auf einen durchaus ungewissen Weg zu machen. Etwas, dem zu folgen sie nichts zurückhalten kann – keine Zweifel, keine Einwände, kein Kopfschütteln der anderen. Etwas, das ihre Hoffnung und ihr Vertrauen weckt.
„… wir haben seinen Stern gesehen“ War er unterwegs immer mit vollem Licht zu sehen? Oder war er manchmal hinter Wolken verborgen? Haben ihn im finstern Tal die links und rechts aufgetürmten Berge verdeckt? Saß den Weisen mitunter etwas schwer im Nacken, so dass sie den Kopf nicht hochheben konnten? Vermutlich. Und doch: Unbeirrt sind sie seinem Schein gefolgt.
„… wir haben seinen Stern gesehen und sind gekommen, ihn anzubeten.“ sagen sie, als der Stern über dem Stall von Bethlehem stehen bleibt. Was hatten sie – angesichts seines Funkelns – erwartet? Sind sie enttäuscht, dass sie, endlich am Ziel, ein Kind in einer Futterkrippe antreffen? Offensichtlich nicht! Im Gegenteil! Tiefe Freude erfüllt ihr Herz. Sie spüren: Der, dessen Stern sie geleitet hat – der ist auch hier. Sie tun, weshalb sie sich aufgemacht hatten: Sie knien nieder und beten das Kind an.
„… wir haben seinen Stern gesehen“ Ist er denn noch zu sehen? Und wie entdecken wir ihn? Durch Zufall? Forscherdrang? Unsre Sehnsucht? Von welchen Erfahrungen können Sie erzählen?
Zwei Erlebnisse aus diesem Jahr fallen mir ein: Die Mädchen im Taufseminar sind eifrig bei der Sache. Als wir die Geschichte vom Kämmerer anschauen, der gekommen ist, um nach Gott zu suchen, und dann von Philippus getauft wird, soll jede die Stelle daraus benennen, die ihr am wichtigsten erscheint. Ein Mädchen wählt den Aufbruch im fernen Land: „Es braucht ja erst mal Mut, um aufzubrechen.“ Sie spürt: Gott zu suchen, getauft zu werden – das ist nichts „Beiläufiges“, sondern ein lebenswichtiges Geschehen. Den Grund für tiefe Freude sehen die beiden auch: „Und dass ich weiß, dass Gott immer noch da ist für uns!“ Gut, dass die Kinder uns daran erinnern! – Aufgeregt und fröhlich haben wir wenige Wochen später ihre Taufe gefeiert.
Mit dem erwachsenen Taufbewerber geht das Gespräch um die Bibel. Mit einer unbewussten, fast zärtlichen Geste streicht er darüber. Sie beschämt mich. Denn sie macht mir wieder bewusst, welche Kostbarkeiten uns mit Gottes Wort, Taufe, Abendmahl, Segen… anvertraut sind. Und welche Sehnsucht Menschen danach haben! Habe ich / haben wir uns mitunter allzu sehr gewöhnt an diese Schätze, von denen wir selbst zehren und die wir teilen können? Sie sind das Beste, das wir zu geben haben!
„… wir haben seinen Stern gesehen“ Gott selbst schenkt die Gaben, die wir bringen können – denen, in denen er uns begegnet.
„… wir haben seinen Stern gesehen“ Manchmal leuchtet sein Licht hell. Manchmal ist es verborgen. Entscheidend ist, dass wir uns locken lassen, ihm mit unbeirrtem Vertrauen zu folgen – und ihn anderen zu zeigen. Denn in unseren verworrenen Zeiten und auf ungewissen Wegen brauchen wir sein Licht. Und v. a. den, zu dem es uns leitet.
Gabriele Führer
Foto: wikipedia/User:Taxiarchos228